Helmut Gutbrod – Zeichnungen und Monotypien
30.09. – 05.11.2022
5. November 16 Uhr Finissage und Artist Talk
In der Ausstellung im ODALISQUE Showroom zeige ich Papierarbeiten aus zwei Serien, die ich in den letzten Jahren fortlaufend entwickelt habe: Monotypien – von Linolplatten gedruckt und zum Teil zeichnerisch mit Tusche und Bleistift erweitert – und Zeichnungen auf Blättern, die ich vorher mit Acrylfarben flächig wie linear bearbeitet habe.
Papier ist mein bevorzugtes Medium. Es interessiert mich, auf Blättern stoffliche Texturen zu erzeugen, durch transparente Farbschichtungen Bildräume zum Schwingen zu bringen und statische Flächen durch bewegte Lineaturen zu beleben. Ich verwende dazu neben den malerischen Gestaltungsmitteln die Grundelemente der Zeichnung: Punkte, Linien, Kreise und entwickle daraus eine reduzierte Bildsprache aus angedeuteten Naturformen, Zellstrukturen, Wellenlinien, Schattenfigurationen und geometrischen Feldern. Es geht mir darum, auf den Blättern ein spannungsvolles und zugleich fragiles Gleichgewicht zu erzeugen und Gegensätzliches zueinander in Beziehung zu setzen: Linie zu Fläche, Statik zu Bewegung, Verdichtung zu Auflösung.
Ich lasse meine Bilder und Bildserien gern schrittweise wachsen, gehe dialogisch vor – ein Zwischenzustand ist wie eine Frage, die nach einer Antwort sucht. Oft ist dabei gerade die Zurücknahme der Gestaltungsmittel eine Intensivierung der Bildkomposition. Meine Arbeiten sind frei von zwingenden Bedeutungszusammenhängen, verlangen keine Interpretation, sondern stehen autonom für sich und besitzen eine formale Genauigkeit sowie gedankliche Offenheit.
Als Kontrapunkt zu meinen Papierarbeiten zeige ich in der Ausstellung auch drei Holzobjekte - zwei Trommeln und eine Figur – aus Papua Neu Guinea, die dem traditionellen, kulturellen Alltagsleben der Ureinwohner entspringen. Kultobjekte dieser Art habe ich seit meiner Jugend gesammelt; sie haben meine Wahrnehmung, Sichtweisen und Perspektiven erweitert und waren Ausgangspunkte, über Kult, Identität und Ursprünge der Kunst zu reflektieren. Mich hat stets fasziniert zu ergründen, welche Geschichten in diesen Objekten gespeichert sind. Mit ihrer formalen Präsenz und ihren Benutzungsspuren sind sie wie Fixsterne aus einer anderen mir unbekannten Erlebniswelt, der ich mich immer wieder neu annähern kann. Sie lassen mich Distanz wie Nähe spüren, Erdung wie Sinnlichkeit und Phantasie.
Helmut Gutbrod (*1958 Nürnberg) lebt und arbeitet als freischaffender Künstler und Musiker in Berlin. Er studierte Musik- und Theaterwissenschaften in Erlangen und Berlin, gab seit den 80er Jahren als Solist und in diversen Jazz-Formationen Konzerte als Pianist und Komponist und beteiligte sich an Film- und Theaterprojekten.
Als bildender Künstler stellte er in Europa und den USA aus, hatte diverse Künstlerstipendien und Auslandsaufenthalte wie am Frans-Masereel-Centre, Belgien, am Print Making Council of New Jersey, USA, in der Windler Stiftung, Schweiz und in Lugnano in Teverina, Italien. Seit den 90er Jahren ist er Teil der Ateliergemeinschaft in den Gerichtshöfen in Berlin und publiziert mit diversen Künstler-gruppen jährlich grafische Editionen. Seine Arbeiten sind in zahlreichen öffentlichen Sammlungen in Europa und USA vertreten.