Claudia Larissa Artz (Köln)
Arryn Snowball (AUS, Berlin)
15. Oktober – 13.November 2021
Vernissage: Donnerstag, 14.Oktober 2021, 18.00 – 21.00 Uhr
Arryn Snowball Auntie’s hands, 2021
Tempera auf Leinwand, 190 x 190 cm
Wenn die Wolken silbern gemustert sind, nennen wir es manchmal einen Makrelenhimmel, da es oft besser ist, an einem bewölkten Morgen zu angeln. Aber als ich dieses Gemälde nach Hause brachte, sagte meine Partnerin, es erinnere sie an die Hände ihrer Großtante, mit der sie sehr eng verbunden war. Können wir die Bedeutung strecken, um diesem Gemälde zu erlauben, beide Atmosphären zu kombinieren? Wenn die Morgendämmerung im Kelch der Wellen gehalten wird, leuchtet das durchscheinende Rosa so sanft wie Tantchens Hände.
In den letzten Jahren habe ich als Antwort auf eine Reihe von Gedichten von Nathan Shepherdson gemalt. Nathan schrieb 2017 die siebenundsiebzig ‚Slack Water‘-Gedichte, wobei er ‚Grant’s Guide to Fishes‘ als Material und Grundlage verwendete. Grants epischer Leitfaden hat über achthundert Seiten, jede Seite über einen anderen Fisch. Der Titel jedes Gedichts ist eine Seitennummer dieses Leitfadens, und jedes Gedicht besteht aus Wörtern, die im Text zu diesem Fisch gefunden wurden (…) Die Gedichte sind kraftvoll, abstrakt, viszeral und der Ozean schwillt in ihnen an. Die Arbeit mit den Gedichten von ‚Slack Water‘ verschaffte mir einen anderen Zugang zum Pazifik, als es eine wörtlichere Herangehensweise hätte tun können. Ich bin in ihnen versunken. Shepherdsons poetische Bilder vermischten sich mit meinen Erinnerungen an das Fischen an der Küste als Kind, an die Zeit, die ich draußen auf dem Riff, an Stränden, Landzungen, Wattflächen und an der Mündung der Flussmündung verbrachte.
Ich betrachte diese Gemälde als ‚Fallen‘ für Licht und Farbe, als Netze aus Rhythmus und Bewegung, als Gefäße, um die Metaphern des Dichters und die Bedeutungen, die in ihnen zu finden sind, festzuhalten. Ich stelle mir diese Bilder als Atmosphären zu verschiedenen Tageszeiten vor, als Fragmente von Himmel und Horizont. Ich stelle mir Reflexionen über und unter dem Wasser vor (…) Ich tue so, als wären diese Fenster auch Spiegel, die den Ozean darin widerspiegeln. Dieser Prozess war mein ‚Angeln‘ hier in Berlin, mein Kontakt zur Pazifikküste, zu Hause.
„Ich vertraue dem Prozess und folge ihm, wohin er führt. Der Prozess ist das Herzstück der abstrakten Malerei. Hierher entspringt die Arbeit und dorthin kehre ich zurück. Es ist meine Disziplin, meine Praxis. Mich interessiert, was Malerei ist. Was ist spezifisch für das Medium Ich bin in den Grundlagen: Linie, Farbe, Form und wie sie interagieren, wie sie Tiefe und Rhythmus erzeugen, wie sie auch andere Themen andere versammeln, so wie Bedeutung, Gefühl, menschliche Verletzlichkeit." — (Art Guide-Interview, 2020)
Arryn Snowball, geboren 1977 in Sydney, ist ein australischer Künstler, der seit sieben Jahren in Berlin lebt und arbeitet. Er hat sich durch Gemeinschaftsprojekte, Vorträge, Foren, kritisches Schreiben, Workshops und von Künstlern geleitete Initiativen an der breiteren Kunstgemeinschaft beteiligt.
Snowball hat einen Doktortitel in Bildender Kunst von der Griffith University, Brisbane, wo er von 2005 bis 2012 Malerei lehrte. Zuletzt hatte er Einzelausstellungen in Brisbane, Canberra und Melbourne. Snowballs Arbeiten befinden sich in den Sammlungen der National Gallery of Australia und der Artbank. In den letzten siebzehn Jahren wurden seine Arbeiten in neunundzwanzig Einzelausstellungen und zahlreichen Gruppenausstellungen in Galerien, Museen und Instituten in Australien, Japan und Europa gezeigt.
Claudia Larissa Artz ‚Bilder der fließenden Welt‘, 2020
27 Papierarbeiten, Acryl, Pigmente auf Papier 29,5 x 21 cm
´Rather than forming something into a ´piece` - we could take the attitude of something finding its own body, which is not meant as a physical body alone, but as a FORM in momentary presence which is complete in itself, needing nothing to be added to it…’
Auszug aus dem Essay von Andrea Morein: Nonproductivity – a Pre-Requisite to Embodied Existence, 2018
Abschiednehmen und Loslassen, eine zutiefst menschliche Erfahrung, waren der Impuls für die 27 Papierarbeiten ´Bilder der fließenden Welt`, die zwischen dem 16.02. und 29.05.20 entstanden sind. Die Auseinandersetzung mit einem immer gleichen Bildraum, nur durch unterschiedliche Farbstimmung differenziert, und einer einfachen Formensprache, dem Kreis, ist die Bedingung. Die Positionen der Formen sind wie eine Choreographie innerhalb dieses begrenzten Raumes. Die Figuren ziehen sich an, stoßen sich ab, ringen um Einheit oder zerbrechen. Diese Spannung, ich nenne sie auch ´opposing forces`, ist zugleich die Bedingung für diese Bewegung, deren Energie sich innerhalb der Fläche entlädt. Es ist eine jeweilige Momentaufnahme einer Konstellation, die absolut ist, sich dann auflöst um sich neu zu bilden. Es ist eine Sehnsucht nach Ganzheit, Einheit, die jedoch immer wieder scheitert.
Eine Dynamik/Spannung aus Statik/Bewegung, Linie/Fläche, Hell/Dunkel, Licht/Schatten und Innen/Außen prägt durch abstrakte geometrische Formen in einem natürlichen Farbklima meine Malerei. Durch den feinen und sparsamen Auftrag der Pigmente, durch das offen lassen der Leinwandstruktur beginnt die Bildfläche zu atmen. Die dabei entstehende Transparenz der Farbigkeit schwingt zwischen hell und dunkel, zwischen Licht und Schatten.
Claudia Larissa Artz, geboren in Bad Nauheim (1969) lebt und arbeitet in Köln seit 1997. Sie studierte bis 1996 Innenarchitektur in Trier und bis 2006 freie Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Helmut Federle. Mehrere Auslandsaufenthalte in Paris (Cité), Kansas (State University), Oslo (National College of Art & Design) folgten. Lehrtätigkeiten in Farb- Kompositionslehre und Zeichnen (Akademie für Kommunikationsdesign// studio 14) und freier Mitarbeit in Architekturbüros. Seit 2001 regelmäßig in Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten, aktuell in der Gruppenausstellung im Projektraum des Deutschen Künstlerbundes, M-bodi-ment-A, kuratiert von Andrea Morein, und zuletzt in einer Einzelausstellung in der Trinitatiskirche Bonn, ´Umkehrpunkt der Bewegung` mit großformatigen Arbeiten.